44 Erzählungen
gehen: es wäre ihm nicht möglich gewesen, Tage lang
den Schmutz an seinen Stiefeln sitzen zu lassen, oder
die mit Tiare befleckten Hände an seinen Kleidungsstü-
cken abzuwischen, wie es so viele unreinliche Kinder
thun. Ne sahe man chn anders, als mit ausgekämm-
ten Haaren und g-wafchenen Händen in die Schule
gehen, sem Rock war immer sorgfältig ausgebürstet,
seme Stiefeln waren gesäubert, und in seinen Schul-
büchern w -r kein Fleck und kein Ohr zu finden. Sei-
nen Hut warf er nie unter den Tisch, und mit der
Lmte g'.ng er rmmer sehr behutsam um: auch fehlte
es ihm nie an einem Taschentuchs. Albert war die
Freude seiner Eitern und seiner Lehrer.
9. Der Lügner.
Heinrich wurde von seinen Eltern nach dem Post-
hause geschickt, um einen Brief abzugeben, an wel-
chem sehr viel gelegen war. Auf dem Wege begegnete
ihm Franz mit einigen andern Knaben. Franz war
ein zänkischer Knabe und besonders war er mir Hein-
rich beständig im Streit, weil dieser eine heftige Ge-
müthsart hatte, und also leicht gereizt war. Auch bieß-
mal geriethen sie mit einander in Streit, weil keiner
dem andern aus dem Wege gehen wollte/ In der Hitze
des Streits ließ Heinrich den Brief fallen, trat darauf,
und beschmutzte ihn dabei so sehr, daß die Aufschrift
nicht mehr zu lesen, und das Papier durchlöchert war.
Was sollte er nun anfangen? Wenn er zu Hause kam,
und alles gestand, was vorgefallen war, so hatte er
die härteste Strafe zu erwarten, denn sein Vater war
sehr strenge, und halte ihm dießmal ausdrücklich ge-
sagt: bestelle ja dm Brief recht ordentlich, denn es ist
mir sehr viel daran gelegen. Heinrich kam endlich auf
den schlimmen Gedanken, er wolle sich durch eine Lüge
ous der Noch helfen. Er versichern also dem Vater,
auf seine Frage, mir großer Dreistigkeit, daß er den
Brief richtig bestellt habe; doch schlug ihm d s Herz
hei dieser Lüge. Als nach zehn Tagen keine Antwort-
auf dem Brief kam, ging Heinrichs Vater selbst nach
dem Posthause, um sich r« erkundigen, arrch der
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Franz Franz Franz Franz Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs
. zur Beförderung guter Gesinnungen re. 49
Freude machen kann. Nach einiger Zeit kam Hartmann
eines Tages in sein kleines Gärtchen, welches er sich auf
dem Hofe selbst angelegt und eingerichtet hatte. Wie
erstaunte er, als er alles Unkraut ausgerauft, die klei-
nen Beete sorgfältig umgegraben, geharkt und mit schö-
nen Blumen besetzt fand. Er konnte gar nicht begrei-
fen, wie das zugegangen war. denn noch den Abend zu,
vor war er in seinen Gärtchen gewesen. Anfangs dach-
te er, seine Elrern hätten ihm dieses Vergnügen ge-
macht, aber weder sie noch die Leute im Hause wuß-
ten etwas davon. Endlich erfuhr Hartmann von einem
Nachbar, daß der dankbare Niklas die Blumen früh
am Morgen gebracht und eingesetzt habe. Seit dieser
Zeit lebten beide in der herzlichsten Freundschaft, und
hätten wohl ihr Leben für einander gelassen, wenn sie
jemals in diesen Fall gekommen waren.
14. Der Znnkfuchklge.
Eottlieb lebte mit feinen Geschwistern und Mitschü-
lern beständig in Streit. Wenn seine kleine Schwester
nur; etwas anrührte, was ihm gehörte, so schimpfte er
gleich, und schlug auch wohl nach ihr. Wenn er sie
nach der Schule brachte, oder aus der Schule abholte,
so hatte er beständig mit ihr zu zanken; denn bald ging
sie ihm zu schnell, bald zu langsam, und oft schleppte
er das arme Mädchen unbarmherzig neben sich her, wenn
sie nicht mitkommen konnte. Saß sie vor der Thür,
so sagte er: geh weg, ich will da sitzen, und wenn sie
nicht freiwillig wegging, so stieß er sie mit Gewalt fort.
Eben so machte er es in der Schule, und daher woll,
te endlich niemand mehr neben dem zänkischen Gott,
lieb sitzen. Er suchte sogar eine Ehre darin, jeden Trotz
zu bieten, und verließ sich dabei auf seine Leibesstäv-
ke. Besonders hatten die armen Kleinen und die
Schwachen, welche sich nicht wehten konnten, vor
ihm keine Ruhe. Beständig spottete er über sie, und
seine Neckereien hatten kein Ende. Auch auf der
Straße fing er Händel an, aber da er hier oft einen
Gegner fand, der ihm an Stärke oder Gewandheid
überlegen war,, so halte er beständig ein zerschlage,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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zr Erzählungen
samt ich nicht seyn, wie leicht könnte -er arme Mensch
erfrieren, und mag er immerhin betrunken seyn, er ist
à Mensch, und zwar ein hüls-bedürftiger Mensch, ich
will thun, was ich kann, um ihm das -eben zu reden.
Nun, so mache, was du willst, rief Klau- unwillig,
ich mag nicht länger hier stehen und frieren; und damit
ging er weiter. Kunz bedeckte nun eiligst den Schla-
fenden mit Schnee, weil er gehört hatte, daß der
Schnee wärme, und lief dann so schnell als möglich nach
dem nächsten Dorfe, um einen Wagen zu holen. Glück-
licher Weise fand er auch gleich einen menschenfreund-
lichen Bauer, der eben aus der Stadt gefahren kam, und
mit dessen Hülfe er den Halbtod en fremden sehr bald
ins Leben brachte. Fröhlich wanderte er nun nach Hau-
fe. Was urtheilt ihr vom Kun,? Und was urtheilet
ihr vom Klaus? Wessen Betragen wollet ihr zum Mu-
ster nehmen?
lg. Die Furchtsame.
Äöilhelmine hatte eine abergläubische Wärterinn,
welche ihr oft Gespenstergeschichten erzählte, dabei
hatte man es ihr angewöhnt, immer bei einer Lampe,
und nie allein zu schlafen. Dadurch wurde sie furch,
sam Sie war schon »ehn Jahr alt, al- es sich traf
daß alle ihre Geschwister krank wurden, und da ihr
Vater gerade verreist war, so mußte es sich Wilhel-
mine mm erstenmal gefallen lassen, allein zu schlafen.
Darüber, qerieth sie nun in große Angst, besonders
da die Mutter keine Lampe in ihrer Kammer wollte
brennen lassen, sondern meinte: das große Mädchen
könnte auch wohl einmal im Finstern zu Bette gehen.
Gar zu gerne hätte sie in der Krankenstube geschla-
fen. aber dieß wollte die Mutter nicht zugeben, weil
sie dadurch leicht hätte angesteckt werden können. Wei-
nend ging Wilhelmine in ihre Kammer, zog sich ha-
stig aus, und steckte aus Furcht den Kopf unter da-
Decküette. Von Zeit zu Zeit zog sie ihn scheu her-
vor. um Lust m schöpfen, und sich ängstlich in der
Kammer ummsthen. Auf einmal glaubte sie an der
Kammerthüre «ine lange weiße Gestalt zu erblicken.
Voller Schrecken zog sie sich das Deckbette über den
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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zur Beförderung guter Gesinnungen re. st
Kopf, und der Angstschweiß lief ihr von der Stirn.
Lange konnte sie es in dieser Lage nicht aushalten; sie
wagte es endlich auf einen Augenblick den Kopf hervor-
zmiehrn. und siehe da die schreckliche weiße Gestalt
stand nicht nur immer noch an der Kammerthür, son-
dern bewegte sich auch. Jetzt fing Wilhelmine laut an
zu schreien, und in dem Augenblick trat ihre Mutter in
die Kammer. Aber Kmd, was ist dir denn! rief sie
ihr zu; träumest du, oder wachst du 7 Ach Mutter' Mut-
ter ! die weiße Gestalt! ich glaube gar du sichst Gespen-
ster, erwiderte die Mutter; ermuntre dich, und fasse
Muth Was ängstigt dich denn- Gs kam nun her-
aus, daß Wilhelmine ein weiße-Handtuch, welches an
der Kammerthür hing, und worauf der Mond schien,
für eine weiße Gestalt gehalten hatte. Die Mutter hatte
an derkammerrhür gehorcht, ob Wilhelmine schlief, und
indem sie die Thür öffnete, hatte sich das Handtuch be-
wegt. Wilhelmine schämte sich ihrer kindischen Furcht-
samkeit, und sahe seit dieser Zeit nicht wieder Gespenster.'
is« Die gute Tochter.
28ilhelm war sehr krank, und feine gute Mutter
hatte, aus zärtlicher Besorgniß, schon drei Nächte hin-
ter einander bei ihm gewacht. Marie, seine zwölfjähri-
ge Schwester, fürchtete, daß ihre Mutter von den vie-
len Nachtwachen endlich auch krank werden möchte. Da-
her bat sie ihre Mutter herzlich, sie möchte ihr doch er-
lauben die vierte Nacht bei dem kranken Bruder zu wa-
chen. Aber die zärtliche Mutter wollte dieß n cht zuge-
den, theils weil Marie sehr schwächlich war. therls weil
sie fürchtete, sie möchte einschlafen, und Wilhelm dann
ganz ohne Hülfe seyn. Nun wurde es Abend, und die
abgemattete Mutter mußte sich doch endlich aus- Bette
legen, weil ihr die Augen zufielen. Marie hatte sich
zwar auch auf Befehl ihrer Mutter zu Berte gelegt,
aber aus kiebe und Besorgniß konnte sie nicht einschla-
fen, als sie hörte, daß die Mutter fest schlief stand
sie sacht auf, nahm ihr Strickzeug und fetzte sich ne-
den dem Bette ihre- kranken Bruders auf die Erde.
Hier gab sie genau auf ihn Acht, und so bald er sich btt
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Extrahierte Personennamen: Wilhelmine Wilhelmine Wilhelmine Wilhelmine Marie Marie Wilhelm
54 Erzählungen
bewegte, war sie sogleich bei der Hand, um sich zu er-
kundigen, was er verlange. So trieb sie es bis an den
Morgen, und wie groß war nun ihre Freude, daß sie
der guten Mutter eine ruhige Nacht hatte verschaffen
können!
Bald nachher wurde die Mutter auch krank, erholte
sich aber bald wieder; nur fehlte es ihr an Kräften.
Der Arzt harte in Marrens Gegenwart gesagt: wenn die
Kranke nur täglich ein wenig Wein trinken könnte, so
würde sie bald wieder zu Kräften kommen. Aber wo
sollte die arme Frau das Geld zum Wein hernehmen?
Wilhelms Krankheit hatte gar zu viel gekostet. Marie
hörte, daß in dem Hause, wo sie wohnte, jemand gesucht
würde, der bas klein gehauene Holz im Keller aufschichten
könnte. Sie bat, daß man ihr die Arbeit übertragen
möchte, und versprach, recht emsig daber zu seyn. Nach
vier sauern Stunden hatte sie wirklich so vre! verdient,
daß sie für ihre Mutter ein wenig Wein kaufen konnte.
Obgleich sie von der ungewohnten Arbeit sehr ermüdet
war, so lief sie doch so schnell, als ob sie heute noch gar
nicht gearbeitet hatte. Unbeschreiblich groß war ihre
Freude darüber, daß sie durch ihre Hände Arbeit der
guten Mutter diese Erquickung hatte verschaffen können.
Die Mutter war so gerührt über Mariens kindliche
Liebe, daß sie Freudenthranen vergoß. Wenn doch alle
Kinder so gesinnet wären, wie die gute Marie!
so. Der ungegründete Verdacht.
Äem Kaufmann Müller waren feit einiger Zeit
verschiedene Flaschen mit Wein aus dem Keller gestohlen
worden, und er konnte nicht herausbringen, wer wohl
der Dieb seyn möchte. Eines Tages kam sein Sohn
Ferdinand ganz außer Athem zu Hause, und erzähl-
te, nun wisse er ganz gewiß, wer die Flaschen aus dem
Keller geholt härte. Nun, wer denn 2 fragte der Va-
ter begierig. Kein anderer, sagte Ferdinand, als der
kleine Ewald, denn ich habe ihn eben mit zwei Fla-
schen sehr ängstlich aus dem Keller schleichen sehen.
Der kleine Ewald war in dem Hause des Herrn Müller
bisher viel Ms- eingegangen, und hatte, als ein
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ewald Ewald
zur Beförderung guter Gesinnungen re. 55
armes Kind, manche Wohlthaten in diesem Haufe ge-
nessen. Man h'.elt viel auf den kleinen muntern Kna,
den, und hatte ihn bisher immer den ehrlichen
Ewald genannt. Daher war Herr Müller nicht we,
nig erstaunt, als ec hörne, daß Ewald ihn bestehle, und
wollte es durchaus nicht glauben; aber Ferdinand
wußte es so wahrscheinlich zu machen, daß ihm am
Ende doch das Betragen Ewalds verdächtig vorkom-
men mußte. Er ließ also den Knaben rufen, und
als er erschien, sahe er ihn eine Weile sehr ernsthaft
an. Haft du ein gutes Gewissen? fragte er ihm dann.
Bei dieser Frage schien Ewald verlegen zu werden,
und erröthele. Antworte ehrlich auf drese Frage, fuhr
Herr Müller fort. Ich weiß nicht, sagte der Kleine
stammelnd, was ich Böses gethan h be. Dein Errö»
then verräth dich, erwiederte Herr Müller mit Unwil-
len, und sah ihn dabei finster und drohend an. Bist
du heute in meinem Keller gewesen ? Hast du zwei
Flaschen aus dem Keller weggetragen? Das aües
konnte Ewald nicht leugnen, aber als ihm nun gerade
Schuld gegeben ward, daß er die gestohlnen Flaschen
Wein weggenommen habe, verstcherte er ohne Furcht,
daß er unschuldig sey, und rechtfertigte sich auch wirk-
lich. Er erzählte nämlich, daß er heute für seine
Mutter zwei Flaschen Bier geholt, und diese in den
Keller bei Sette gesetzt habe, um einen Schulkamera-
den, der einen schweren Korb zu tragen hatte, und
ihn nicht mehr allein fortbringen formte, zu Hülfe zu
kommen; als er wieder zurückgekommen sey, habe ihn
ein großer Junge geneckt und verlolgt, bis er den Keller
erreicht habe. Als er nun wieder heraus gekommen
wäre, hätte ec sich schüchtern umgesehen, ob sich der
böse Junge nicht erwa wo versteckt habe. Herr Mül«
ler erkundigte sich bei Ewalds Mutter, und fände diese
Umstände alle vollkommen richtig. Nun that es ihm '
sehr leid, daß er den ehrlichen und dienstfertigen Ewald
in einem so bölen Verdacht gehabt hatte. Um ihn für
dieses erlittene Unrecht zu entschädigen, schenkte er ihm
einige ganz mue Kleidungsstücke: seinem Sohne aber
gab ec die Lehre: sey künftig behutsamer, «nd hüte
dich sorgfältig, irgend einem Menschen ohne hinrei-
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Extrahierte Personennamen: Ewald Ewald Ferdinand Ewald Ewald Ewald
so Erzählungen .
zu Pferde der gerade auf sie zuritt, um sie zu frage»,
in wacher Straße ein gewisser Gasihof läge, wo er
einkhren wollte.
Als der Fremde tvifje kam, liefen die andern Kna-
den aus einer unartigen Blödigkeit, davon; Aloert
aber blieb stehen. n,hm seinen Hut ad und ant-
wortete auf die Fragen des Fremden höflich und be-
scheiden, bot sich auch freiwillig an, ihm den Weg
nach dem Gasthofe >u zeigen.
Das gefiel dem Fremden sehr: er ließ sich unter-
wegs mit ihm in ern Gespräch ein fragte nach seinem
Eltern, wie sie hießen, wo sie wohnten, und nach an-
dern Umwänden. Vor dem Gasihofe stieg der Fremde
ab. d-nk?e Alberten freundlich für seine Gefälligkeit,
und wollte ihm ein Geschenk an Gelde machen; allein
Albert nahm es nicht an, denn sein dienstfertiger V uer
hatte ihm oft gesagt: man muß sich nicht jeden kleinen
Dienst, den man andern leistet, bezahlen lassen. Fröh-
lich ging er nun zurück zu seinen Kameraden.
Der Fremde hatte sich in der Stille nach Albert er-
kundigt, und als ec erfuhr, daß er nicht bloß ein höf-
licher, sondern auch ein ehrlicher und verständiger Kna-
be sev und sehr arme Eltern habe, so ließ ec ,hn auf
ferne Kosten neu kleiden, und nahm »hn nach einiger
Zeit in seine Dienste, wo es ihm sehr wohl ging.
26. Die Verläumderinn.
Aennriette wollte sich gern bei ihren Eltern und
Lehrern beliebt machen, und weil es ihr zu schwer
dünkte, und zu lange dauerte, sich durch Fleiß, Sitts
famkeit und Redlichkeit diese Liebe zu erwerben; so
legte sie sich aufs Verläumden: denn sie. hatte bemerkt,
daß man sich bei Vielen dadurch auch in Gunst letzen
könne, wenn man ihnen von Andern allerlei Nachrich-
ten bringt.
Sie fing also damit an, daß sie alle Kleinigkeiten,
jeden unschuldigen Sp ß. und jede Unvorsichtigkeit oder
Uebererlung ihrer ^Geschwister bei den Eüern heimlich
angab, und durch ihre Zusätze recht gehässig vorstellte.
Dabei bat sie immer, daß man sie nicht als An-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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L6
Erzählungen
Jabeen war das Gut so verschuldet, daß es öffentlich
verkauft werden mußte.
Tin benachbarter Edelmann kaufte es, und Chri-
stoph, der bisher als Verwalter auf demselben gestan-
den, und durch Fleiß und Sparsamkeit sich etwas er-
worben hatte, nahm es in Pacht.
Das Geld von dem verkauften Guthe reichte nicht
einmal zu, Moritzens Schulden zu bezahlen, und also
hätte ec ein Landläufer werden müssen, wenn sich Chri-
stoph nicht, aus Dankbarkeit und Mitleiden, seiner am-
genommen, und ihm freie Wohnung und freien Tisch
gegeben hätte.
Fleiß und Sparsamkeit bewahrt vor vielem Böse«,
aber Müßiggang lehrt alle Laster.
Zr. lascherer.
Friederike hatte die üble Gewohnheit, alles zu be-
naschen, was sie von Eßwaaken und Getränken sah.
Sie war deßhalb oft von ihren Eltern bestraft worden,
weil Näscherei nicht nur sehr unanständig ist, sondern
weil sie auch Ursache wird, daß man überhaupt seine
Begierden nicht mäßigen und unterdrücken lernt
Friederike ließ sich durch keine Strafe abhalten, wenn
ihr die Lust ankam, zu naschen. Die Gartenthür mußte
um ihrentwillen beständig verschlossen seyn, so lange
Obst im Garten war; denn sie pflückte alles, was sie
erreichen konnte, sogar unreif ab, biß die Aepfel und
Birnen an, und warf sie weg, wenn sie noch hart wa-
ren. So verdarb sie fast eben so viel Obst, wenn sie
einmal in den Garten kam, wie das Ungeziefer.
Gar zu gern schlich sie sich in die Milchkammee,
wo sie die Sahn? mit den Fingern aus den Milchgefä-
ßen nahm. Anfangs glaubte man, daß die Katze diese
Näscherinn wäre, und schaffte sie ab; aber bald ent-
deckte sich's, daß Friederike den Schlüssel zur Milchkam-
mer sehr gut zu finden wußte. Es war also nicht zu
verwundern, daß die Eltern gar kein Zutrauen mehr zu
ihr hatten, und alles vor ihr verschlossen, wie vor ei-
nem Diebe. Einigemal war sie sogar über den Wein
gerathen, welchen der Vater für Freunde in einem Lß-
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zur Beförderung guter Gesinnungen re. 67
schranke sieben hatte, und war davon berauscht und
tödtlich krank geworden.
Eines Tages war sie in der Stube allein, und sol-
che Zeiten pflegte sie gern zu ihren Näschereien zu benu-
tzen. Sie sahe sich um, ob irgend ein Schrank offen
stände , oder ob Schlüssel da wären; endlich bemerkte
sie oben auf dem Schranke ein Näpfchen.
Sogleich machte sie Anstalt, zu sehen, ob etwas für
sie zu naschen darin wäre. Sie setzte einen Stuhl an
den Schrank, und da dieser noch nicht hoch genug war,
rückte sie auch den Tisch hinan, stieg vom Stuhle auf
den Tisch, und nahm das Näpfchen herunter. Es war
etwas Weißes darin, wie gestoßener Zucker, sie tunkte
die Fingerspitzen ein, und kostete; cs schmeckte süß, und
sie leckte also begierig.
Plötzlich trat die Mutter zur Thür hinein. Friede-
rike erschrak so sehr, daß sie fast vom Tische gefallen
wäre; aber noch größer war der Schreck der Mutter,
da sie sahe, daß Friederike Gift aß, welches für die
Fliegen hingesetzt war. Unglückskmd! rief sie, was
machst du? — Sie hob sie gleich vom Tische, schickte
zu dem Arzt, gab ihr Milch ein, daß sie sich brechen
sollte, und wandte alle Mittel an, sie von einem schmäh-
lichen Tode zu retten. Bald aber fühlte sie die entsetz-
lichsten Schmerzen in den Eingeweiden, und schrie, daß
man es einige Häuser weit hören konnte.
Der Arzt kam. und verordnete, daß sie immer noch
mehr Milch trinken sollte, gab ihr auch noch andere Ar-
zeneien; allein sie mußte doch schon zu viel genascht ha-
den; zwar blieb sie am Leben, behielt aber doch einen
sehr schwachen Verstand, und ein beständiges Zittern
der Glieder.
Wer seinen Begierden unvernünftig folgt, den stür-
zen sie endlich ins Verderben.
Z2. Der Thierquäler.
Der kleine Hart mann fand ein Vergnügen daran,
Thiere ohne Noth zu quälen. Cr glaubte ein Recht zu
haben, sich dieses Vergnügen zu machen, so oft er die
Gelegenheit und Gewalt dazu hatte. Ohne zu beden-
E 2
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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zur Beförderung guter Gesinnungen re. 69
ständig etwas Nützliches zu thun, dann würde ihm
die Zeit nicht mehr lang werden.
Was kann ich denn Nützliches thun? fragte Hein-
rich. Du kannst im Hause deinen Eltern zur Hand ge-
hen, und ihnen durch cheine Dienstfertigkeit manche
Mühe ersparen; du kannst in der Stube aufräumen,
manche Bestellung machen, deiner Mutter Holz,
Wasser, und andere Nothwendigkeiten herbeiholen,
kannst leimen, was entzwei gegangen ist, und au- Holz
allerlei Gerätst schnitzen; du kannst spinnen und stricken,
und im Garten giebt es fast das ganze Jahr hindurch
für dich zu thun, z. B. Unkraut auszngäten, Ungeziefer
zu vertilgen — das alles ist für dich keine zu schwere
Arbeit, und ein viel besserer Zeitvertreib, als immer
spielen, denn davon hat man keinen Nutzen.
Heinrich folgte diesem Rathe, und befand sich recht
wohl dabei.
34- Unvorsichtigkeit.
Henriette wurde von allen, die sie kannten, die un-
vorsichtige Henriette genannt. Gereichte ihr dieser
Name zur Ehre? Wenn ihr das Folgende gelesen habt,
so möget ihr selbst beurtheilen, ob sie diesen Namen
verdiente.
Einst saß sie am Tische, und schrieb nach einer Vor-
schrift, welche ihr der Lehrer mit nach Hause gegeben
hatte. Auf einmal hörte sie eine Kutsche kommen, wel-
che vor dem benachbarten Hause stille hielt. Dabei konn-
te sie unmöglich ruhig bleiben, ihre Neugierde mußte erst
befriedigt seyn. Schnell sprang sie auf, und in der Eil
. warf sie das Tintefaß und den Stuhl um. Die Tinte
lief über den ganzen Tisch hinweg auf den Boden. Wie
rrschrack Henriette, als sie sah, was sie mit ihrer Un-
vorsichtigkeit angerichtet hatte! was sollte sie nun thun,
damit ihre Eltern nichts hiervon merkten? In der Hast
ergriff sie eintuch, um die Tinte wegzuwischen, aber es
fiel ihr nicht ein, das Tuch zuvor zu besehen, mw sie-
be da, es war ihres Vaters Halstuch, womit sie die
Tinte weggewischt hatte. War sie vorher schon erschro-
cken, so erschrack sie nun noch weit mehr. Aber es war
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]